Page 148 - Auswirkungen-HF-EMF-auf-die-Gesundheit
P. 148

Drucksache 20/5646
– 148 –
Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode
 keine eindeutigen Hinweise, dass Mobilfunkstrahlung negative gesundheitliche Effekte verursacht. Hingegen ar- gumentieren Hardell und Carlberg (2019), dass der Hauptgrund für die Einstufung von HF-EMF als »möglicher- weise krebserregend« und nicht als »krebserregend« an den mangelnden Erkenntnissen aus Tierstudien lag. Diese NTP- und Ramazzini-Studien wurden explizit beauftragt, um diese Wissenslücke zu schließen. Zu diesen beiden gesundheitlichen Folgen wurden statistisch signifikante Ergebnisse vorgelegt und somit neue relevante Erkennt- nise generiert.
Die für Fragen der Ernährung und Medikamente zuständige amerikanische FDA, im Auftrag derer die NTP- Studie durchgeführt wurde, die Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) sowie das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kommen zu dem Schluss, dass die neue Evi- denzlage keinen Beweis für ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko für Menschen bei einer Exposition unterhalb der Grenzwerte durch Mobiltelefonnutzung darstelle (ICNIRP 2019; BfS 2019b; U.S. Food and Drug Administ- ration 01.11.2018). Aus Sicht des BfS (2019b) sind die Befunde als »Hinweise« für die Karzinogenität von Mo- bilfunk bei einer Exposition deutlich oberhalb der Grenzwerte zu bewerten. Die französische Agentur ANSES hat die Methodologie und Befunde analysiert und diskutiert (ANSES 2018b, 2018c). Vor dem Hintergrund der Er- gebnisse der NTP- und anderer Studien schlussfolgert die ANSES (2019, S. 12), dass die Studien keine Schlüsse hinsichtlich der Karzinogenität von HF-EMF zulassen. Für das schweizerische Expertengremium BERENIS (2018) sollen diese Hinweise im Kontext anderer verfügbarer Studien berücksichtigt werden, um abzuschätzen, ob die Grenzwerten geändert werden sollen. Bis dahin unterstützt BERENIS das Vorsorgeprinzip. Auch gericht- lich hat die Evidenzlage Folgewirkungen: 2020 bestätigte die Berufungsinstanz in Turin die Entscheidung eines Gerichts, welches einen Zusammenhang zwischen dem Akustikusneurinom des Klägers und seiner beruflichen
80
Auswirkungen von HF-EMF speziell bei Kindern und Jugendlichen
Aus der weltweit umfangreichsten thematisch spezialisierten Literaturdatenbank des EMF-Portals (mit 2019 etwa 28.500 Einträgen) wurden sämtliche wissenschaftlichen Mindestanforderungen an die Studienqualität entspre- chenden Veröffentlichungen zum Thema extrahiert. Diese 36 epidemiologischen und 12 experimentellen Studien zu Kindern und Jugendlichen sowie eine epidemiologische Studie zu älteren Menschen wurden von den Gutach- ter/innen des femu (2019) im Hinblick auf die biologischen und gesundheitlichen Folgen von HF-EMF kabelloser Kommunikationsgeräte (Mobilfunk, Schnurlostelefon, WLAN, Bluetooth etc.) systematisch analysiert und be- wertet. In 34 Studien wurde die Nutzung eines Mobiltelefons untersucht, in 2 Studien die Exposition bei Mobil- funkbasisstationen und 13 Studien untersuchten die Nutzung eines Mobiltelefons zusammen mit der Exposition z. B. bei Basisstationen, Fernseh- und Rundfunksendern.
In 17 Studien fanden sich Hinweise auf verschiedene Wirkungen. In den epidemiologischen Studien wurden am häufigsten Auffälligkeiten im Verhalten beschrieben, insbesondere bei Kindern, die selbst telefonierten oder die während der Schwangerschaft in utero exponiert waren. Darüber hinaus gaben Kinder und Jugendliche ge- sundheitliche Beschwerden (Kopfschmerzen, Müdigkeit etc.) an, wenn sie mit dem Handy telefonierten. Ebenso wurden Wirkungen auf die Kognition bei Jugendlichen gefunden. In den experimentellen Studien gab es einzelne Hinweise auf Veränderungen der Hirnaktivität, des Hautwiderstands und eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit.
Insgesamt wird die Evidenz für Wirkungen von Mobilfunk auf die Kognition, das Verhalten und subjektive Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen als gering eingestuft. Für Wirkungen auf die frühkindliche Entwick- lung, Krebs und physiologische Parameter ist die Datenlage unzureichend, um eine Schlussfolgerung über etwaige Wirkungen abzuleiten. Es kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob Kinder und Jugendliche empfindli- cher auf eine Mobilfunkexposition reagieren als Erwachsene. Zu den möglichen Wirkungen auf ältere Menschen können auf Basis einer einzelnen Studie keine Schlussfolgerungen gezogen werden.
frequenten Nutzung eines Mobiltelefons 2017 erkannte.
   80 https://www.theguardian.com/world/2020/jan/15/mobile-phones-cause-tumours-italian-court-rules-defiance-evidence (31.5.2021)
Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.






















































































   146   147   148   149   150