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Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 143 – Drucksache 20/5646
 ten aktuellen Tierstudien (Kap. 6.2) sowohl die Fachdiskussion als auch die öffentliche Debatte betreffend Hirn- tumorrisiken intensiviert. Wissenschaftlich gesehen besteht ein erheblicher Klärungsbedarf, da zwar die Ergeb- nisse beider Studien in dieselbe Richtung weisen, allerdings im Detail zum Teil inkonsistent bzw. unklar sind und nach wie vor die Frage nach dem kausalen Wirkmechanismus nicht beantworten. Welche Relevanz diese Tierstu- dien für die Einschätzung des gesundheitlichen Risikos für Menschen haben, wird von den unterschiedlichen Gremien bzw. Akteuren kontrovers beurteilt. Von einigen werden die Resultate zum Anlass genommen, eine Neubewertung der Risikoklassifizierung durch die IARC zu fordern (Falcioni et al. 2018). Andere wiederum konstatieren, dass die Ergebnisse keine Schlussfolgerungen bezüglich eines Zusammenhangs zwischen HF-EMF und Karzinogenität bei Menschen zulassen (ICNIRP 2019). Auch hier besteht offensichtlich Klärungsbedarf.
Adaptive Response
Neuere Tierstudien zeigen eine adaptive Antwort bei Exposition mit HF-EMF vor Einwirkung mit anderen No- xen. EMF dämpft teilweise die schädlichen Einflüsse. Es sollte abgeklärt werden, wie stichhaltig diese Befunde sind. Unter anderem könnten sich daraus gezielte Fragestellungen hinsichtlich möglicher (relevanter) Wirkme- chanismen ergeben.
Kognition und Schlaf
Den Hinweisen, dass das Gehirn auf HF-EMF Exposition unterhalb der Grenzwerte reagieren kann, sollte nach- gegangen werden. Insbesondere die Frage der gesundheitlichen Bedeutung dieser Effekte sollte abgeklärt werden. Dies stellt eine methodische Herausforderung dar und nur Studien von hoher Qualität sind geeignet, belastbare Aussagen zu generieren. Erkenntnisse zur inter- und intraindividuellen Variabilität bzw. Reproduzierbarkeit der Effekte wären sehr hilfreich für die Beurteilung ihrer Relevanz.
Neurodegenerative Krankheiten
Aus einer Zell- und einer Tierstudie liegen Hinweise auf Einflüsse der HF-EMF-Exposition auf das Wachstum von Neuriten vor. Aufgrund der Bedeutung dieser Beobachtung für neurodegenerative Erkrankungen und kogni- tive Funktionen sollten diese möglichen Effekte unbedingt weiter abgeklärt werden.
Elektrohypersensibilität
Wenn es gelänge, eine Gruppe von Personen zu identifizieren, die eine spezifische Sensibilität hinsichtlich HF- EMF nachweislich aufweisen (z. B. über die verlässliche Erkennung der Exposition im Rahmen von Provokati- onsexperimenten), würde dies sowohl Untersuchungen bezüglich verschiedener biologischer Endpunkte verein- fachen als auch eine belastbare Beschreibung der möglichen Effekte und ihren Zusammenhang mit den jeweiligen Expositionscharakteristiken ermöglichen (FSM 2017, S. 45). Die große Heterogenität der Studienlage ist teilweise darauf zurückzuführen, dass bislang keine klaren Diagnosekriterien erarbeitet werden konnten, die für klinische Studien verwendet werden können (ANSES 2018a, S.6). Diese Beobachtung führt die ANSES (2018a, S.13) dazu, eine Evaluation der bisherigen Diagnosekriterien zu empfehlen. Entsprechende Studien mit elektrosensiblen Personen, die heute noch nicht vorliegen, könnten eine wissenschaftliche Grundlage schaffen und gleichzeitig das Symptombild EHS (Elektrohypersensibilität) wissenschaftlich dokumentieren (FSM 2017, S. 45). In ihrer Meta- studie schlägt ANSES (2018a, S. 10–12) vor, insbesondere den möglichen Zusammenhang der Elektrosensibilität mit Schlafstörungen (Schlaf-wach-Rhythmus), Migränen sowie mit dem Persönlichkeitsmerkmal der Hochsensi- bilität zu untersuchen.
Synergistische Effekte
Hier stehen ältere Menschen und solche die unter chronischen Krankheiten leiden im Fokus. Möglicherweise könnte hier ein entsprechendes Monitoring helfen abzuklären, ob HF-EMF ein krankheitsverstärkender Stressor ist. Diese Möglichkeit wird durch Hinweise gestützt, dass bei HF-EMF-Exposition eine Stressreaktion auf zellu- lärer Ebene in vitro und in vivo stattfindet.
Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.






















































































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