Page 145 - Auswirkungen-HF-EMF-auf-die-Gesundheit
P. 145
Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 145 – Drucksache 20/5646
toxikologischer Effekte verwendet wird. Bereits im Mutterleib und nach der Geburt 2 Jahre lang wurden die Nager EMF ausgesetzt, was praktisch einer lebenslangen Exposition dieser Tiere entspricht (National Toxicology Pro- gram 2018, S. 121). Manche Tiere wurden mit 2G-Mobilfunksignalen, andere solcher mit 3G-Mobilfunksignalen
75
Die Studie des Ramazzini-Instituts (Falcioni et al. 2018) fokussierte die Exposition durch Fernfeldquellen. Das Forschungsteam untersuchte 2.448 Sprague-Dawley Ratten mit einem 1.835 MHz GSM- bzw. 2G-Basissta- tions-Signal. Je 200 männliche und weibliche Tiere wurden keinen EMF, 0,001 W/kg, 0,03 W/kg, und 0,1 W/kg ausgesetzt, also niedrigeren Feldstärken als in der NTP-Studie, um eine realweltliche Exposition zu simulieren. Auch hier wurden die Tiere im Mutterleib und bis zum Ende ihres Lebens 7 Tage die Woche für eine Dauer von 19 Stunden pro Tag kontinuierlich exponiert. Die Haltungsbedingungen entsprachen den üblichen Standards (Fal- cioni et al. 2018, S. 497).
Kernergebnisse
Im Fokus der hier zusammengefassten Diskussion sind die Befunde beider Studien zur Entwicklung von Herz- und Hirntumoren bei den männlichen Raten. Dass die Ergebnisse bei weiblichen Ratten nicht signifikant sind, kann zwar nicht erklärt werden, allerdings kommen genderspezifische Ergebnisse in ökotoxikologischen und Krebsuntersuchungen häufig vor (Melnick 2019). Bei den Herztumoren in männlichen Ratten handelt es sich um bösartige Schwannome des Herzgewebes, langsam wachsende Tumore der Schwann-Zellen, welche sich im pe- ripheren Nervensystem im ganzen Körper befinden. Sie sind bei Ratten bösartig, bei Menschen in der Regel nicht. Bösartige Herzschwannome fand das Forschungsteam in allen mit 2G und mit 3G exponierten Gruppen, dagegen in keinem der scheinexponierten Tiere (National Toxicology Program 2018, 10; 12). Zudem beobachtete das Team ein erhöhtes Auftreten von Schwann-Zellen-Hyperplasien – Gewebewucherung, ein Vorzeichen von Schwannomen – im Herz männlicher Ratten, die mit 1,5 und 6 W/kg bei einer 2G-Modulation, und mit 6 W/kg bei einer 3G-Modulation exponiert wurden (National Toxicology Program 2018, 10;12). Auch das For- schungsteam des Ramazzini-Instituts beobachtete ein signifikant erhöhtes Auftreten von bösartigen Schwanno- men des Herzens bei männlichen Ratten, sowie leicht erhöhte Wucherungen bei einer Exposition von 0,1 W/kg (Falcioni et al. 2018, S. 501).
Hirntumoren beobachteten die Autor/innen der NTP-Studie in der Form von bösartigen Gliomen (National Toxicology Program 2018, S. 7). Gliome sind eine Erkrankung der Gliazellen, welche Blutgefäße und Neuronen stützen, und eine der geläufigsten Hirntumoren bei Menschen. Bösartige Gliome fanden die NTP-Forschenden in allen Expositionskategorien bei einer 2G-Modulation und in der höchsten Expositionskategorie einer 3G-Exposi- tion, dagegen in keinem der scheinexponierten Tiere (National Toxicology Program 2018, S. 122). Darüber hinaus stellte das Forschungsteam eine Erhöhung von Gliazellen-Hyperplasien bei männlichen Tieren in 5 der 6 expo- nierten Gruppen fest (National Toxicology Program 2018, 10;12). Zwar wurde kein statistisch signifikantes Auf- treten von Gliomen in der Ramazzini-Studie beobachtet. Dennoch stellt das Team einen Dosis-Wirkung-Zusam- menhang bei der Inzidenz von Gliomen bei weiblichen Ratten fest (Falcioni et al. 2018, S. 502).
Diskussion der Ergebnisse
Statistisch signifikante Auswirkungen auf das Auftreten von Schwannomen des Herzens wurden in der NTP- Studie ausschließlich bei einer 6 W/kg Exposition unter 3G-Modulation beobachtet (National Toxicology Pro- gram 2018, S. 121), in der Ramazzini-Studie bei einer 0,1 W/kg Exposition. Das Auftreten von Gliomen erwies sich einzig in der NTP-Studie bei einer 3G-Modulation als statistisch signifikant. Wie also sind die Ergebnisse zu interpretieren?
In keiner der Kontrollgruppen der beiden Studien wurden spontane Erkrankungen des Herzgewebes oder von Gliazellen registriert. Das Auftreten eines einzigen zusätzlichen Schwannomes in der Kontrollgruppe könnte die Ergebnisse bedeutsam beeinflusst haben, argumentieren ICNIRP (2019) und ANSES (2018b): wäre eine
75 CDMA-Signale werden primär auf dem amerikanischen Kontinent angewendet; GSM-Signale hingegen (auch) in Deutschland. In Deutschland ist das UMTS-Netz der Mobilfunkstandard der dritten Generation und ist dem CDMA-Signal ähnlich (Dürrenberger und Fröhlich 2018).
(Code Division Multiple Access – CDMA) behandelt.
18 Stunden pro Tag on/off intermittierend in einem 10-minütigen Rhythmus am ganzen Körper exponiert. Dabei wurden sie je nach Untersuchungsgruppe SAR-Werten von 0, 1,5, 3 oder 6 W/kg ausgesetzt. Alle Tiere wurden freilaufend in Käfigen mit Metallwänden gehalten (National Toxicology Program 2018, S. 10).
Mit 900 MHz wurden die Ratten 7 Tage die Woche, ca.
Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.