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Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 153 – Drucksache 20/5646 Mögliche gesundheitliche Wirkungen
Da die im Einführungsschritt von 5G verwendeten Frequenzbänder (700 MHz, 2 GHz und 3,6 GHz) bereits heute für Mobilfunk- und andere Anwendungen genutzt werden, können die aktuellen Erkenntnisse zu möglichen bio- logischen bzw. gesundheitlichen Wirkungen von Mobilfunkfeldern analog auf 5G übertragen werden.
Anders gelagert ist der Fall der perspektivisch vorgesehenen Nutzung von hochfrequenten (bis zu etwa 25 GHz) Millimeterwellen. Diese werden bisher hauptsächlich für Anwendungen wie Radargeräte oder Kör- perscanner eingesetzt. Im Gegensatz zu den bisher genutzten Frequenzbereichen dringen Millimeterwellen kaum in den Körper ein, sondern werden vollständig in den obersten Hautschichten absorbiert (siehe Kasten). Hinzu kommt, dass für die Absorption von herkömmlichen Frequenzen im Körper Gewebe als quasi homogene Medien angenommen werden können. Für Millimeterwellen hingegen sind kleinste Strukturen sichtbar, etwa Schweißdrü- sen in der Haut. Welche biologischen bzw. gesundheitlichen Effekte dies auslösen könnte, ist bislang noch wenig erforscht (Betzalel et al. 2017; Betzalel et al. 2018).
Auch der Bericht des ITA (2020) kommt nach Sichtung und Auswertung der bislang sehr wenigen wissen- schaftlichen Studien zum Thema 5G zu der Erkenntnis, dass sowohl Reviews wie auch Einzelstudien noch wenig zu möglichen Gesundheitseffekten von 5G aussagen. Fast immer wird allein auf die mit 5G absehbar im Mobil- funk eingesetzten höheren Frequenzbereiche Bezug genommen oder auf die daraus weiter verstärkte Mischexpo- sitionen durch unterschiedlich charakterisierte elektromagnetische Felder. »Die wissenschaftliche Diskussion geht hier in Richtung spezifischer Wirkorte und Wirkmechanismen und in Richtung einer gegenwärtig äußerst unzulänglichen Studienlage (ITA 2020, S. 107)«.
Auch gibt es bis dato nur sehr wenige Befassungen und Aussagen von institutioneller, behördlicher bzw. staatlichen Stellen zum Thema 5G. Einzig die schwedische Strahlenschutzbehörde verweist in ihren jährlichen Sachstandsberichten 2019 (SSM 2019) erstmals explizit auf 5G und berücksichtigt auch erste diesbezügliche Re- views. Sie trifft in ihrem Berichtsvorwort (o. S.) die Aussage, dass es »trotz eines Mangels an bekannten Mecha- nismen, über die die menschliche Gesundheit durch schwache EMF-Exposition beeinflusst werden könnte, [...] einen Bedarf an zusätzlicher Forschung, die die neuen Frequenzbereiche abdeckt« gäbe. Das Gremium ruft dazu auf, zukunftsorientierte epidemiologische Studien, wie etwa Kohortenstudien, in diesem Themenbereich zu starten. Zugleich ist aber auch klar, dass der Mangel an epidemiologischen Studien erst nach einem breiteren Einsatz von 5G-Mobilfunk behoben werden kann. Und »der Mangel an epidemiologischen Langzeitstudien, wie sie für die Über- prüfung von Karzinogenität beim Menschen zentral sind, ist prinzipiell erst zehn bis 40 Jahre nach Beginn des Ein- satzes behebbar« (Kastenhofer et al. 2020, S. 114).
Insgesamt ist zum momentanen Zeitpunkt zu konstatieren, dass bezüglich der Gesundheitsrisiken von 5G der Faktor Zeit wesentlich ist: Denn solange es noch keine realen oder wesentlichen Expositionen gibt, können auch keine epidemiologischen Daten zu Rate gezogen werden. Zudem gibt es auch noch keine gezielten Labor- studien – auch deshalb, weil dafür die realen Expositionssituationen von 5G noch fehlen. Entsprechend wäre eine Aussage, dass 5G ganz sicher keine Gesundheitsrisiken mit sich bringt, verfrüht bzw. so nicht angebracht. So wird auch von den allermeisten Expert/innen anerkannt, dass es zum einen an gezielter, hochwertiger Forschung fehlt, zum anderen, dasss es dringend notwendig ist, grundsätzlich genau zu definieren, welche Personen wie, wo und in welchem Ausmaß der (5G-)Mobilfunkstrahlung ausgesetzt sind bzw. dies zukünftig sein werden. Des Weiteren beziehen sich zwar die Diskussionen – besonders in der Öffentlichkeit – auf die Frage, ob Gesundheits- risiken ausreichend belegt bzw. widerlegt sind und ob Grenzwerte entsprechend verändert oder gar ein Morato- rium ausgerufen werden müsste. Diesbezüglich gibt es aber durchaus sinnvolle Optionen, auch bei eingeschränk- tem Wissensstand verantwortungsvoll und vorsorgend auf die nicht von vielen, aber doch von einigen geteilten Gesundheitsbefürchtungen einzugehen (ITA 2020b, S. 2):
› umsichtige Vermeidung, d.h. begleitend zu Grenzwertsetzungen, sollte nur die niedrigste, vernünftig erreich- bare Belastung angestrebt werden;
› Formulierung spezifischer Leitlinien für den Sendeanlagenbau, das technische Design von Endgeräten und die Gestaltung der Grundversorgungsinfrastruktur;
› gezielte Information zu den technischen Details aller geplanten Ausbaustufen, den tatsächlich erwartbaren Anwendungsbereichen, Geräten und Anlagen und damit zu der zu erwartenden Expositionssituation;
› Förderung unabhängiger, nationaler und internationaler Forschung auf höchstem Niveau;
   Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.
























































































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