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Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 133 – Drucksache 20/5646 Verhalten
Es wurden insgesamt neun Publikationen zum Themengebiet Verhalten bei Kindern und Jugendlichen mit Mo- bilfunkexposition identifiziert (KaS.8.2.2). In den Untersuchungen wurden sowohl die Stärken (prosoziales Ver- halten) als auch die Schwächen (z. B. emotionale Probleme, Hyperaktivität, Probleme mit Gleichaltrigen) analy- siert. Als Instrument zur Einschätzung der Verhaltensauffälligkeiten und -stärken wurde in allen Studien mit Aus- nahme von Byun et al. (2013) der Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ)-Fragebogen verwendet, wodurch eine einheitliche Erhebung der Daten erfolgte. Die Exposition wurde in sechs Studien mittels eines Fra- gebogens retrospektiv, in einer Studie prospektiv (Byun et al. 2013) und in der multinationalen Studie je nach Land prospektiv oder retrospektiv (Birks et al. 2017) erhoben. Zusätzlich zu den Fragebögen zur Mobiltelefon- nutzung wurde die Expositionsabschätzung in einer Studie durch Messungen und Berechnungen (Roser et al. 2016) und in einer Studie durch Berechnungen der Exposition bei Mobilfunkbasisstationen (Guxens et al. 2019) ergänzt. Thomas et al. (2010b) bestimmten die HF-EMF-Exposition individuell durch das Tragen eines Perso- nendosimeters.
Die Studien im Überblick
In der multinationalen Analyse (Birks et al. 2017) mit mehr als 83.000 Mutter-Kind-Paaren wurde der Zusam- menhang zwischen der Mobiltelefonnutzung der Mutter während der Schwangerschaft (pränatal) und Verhaltens- auffälligkeiten der Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren untersucht. Dabei wurde ein erhöhtes Risiko für Hyperaktivität/Aufmerksamkeitsprobleme bei Kindern mit pränataler Exposition gefunden. Laut Autoren könnte dies auch ein Ergebnis von unkontrolliertem Confounding (z. B. Erziehungsstil, Hyperaktivität der Mutter) oder durch die ungenaue retrospektive Expositionsabschätzung verursacht worden sein. Die Studienqualität wurde auf- grund der Expositionsbestimmung mithilfe eines Fragebogens als moderat bewertet.
In der ersten Publikation aus der dänischen DNBC-Studie (Divan et al. 2008) mit mehr als 13.000 Mutter- Kind-Paaren wurde der Zusammenhang zwischen der Mobiltelefonnutzung der Mutter während der Schwanger- schaft (pränatal) sowie die Nutzung von Mobiltelefonen durch die Kinder selbst im Alter von sieben Jahren und Verhaltensauffälligkeiten bei den Siebenjährigen untersucht. Es wurden statistisch signifikante Ergebnisse für die prä- und/oder postnatale Exposition und Verhaltensauffälligkeiten gefunden. Laut Autoren sind diese beobachte- ten Zusammenhänge nicht notwendigerweise kausal und könnten auch auf anderen, in dieser Studie nicht unter- suchten Faktoren beruhen. Bei einer späteren Analyse (Divan et al. 2012) mit mehr als 41.000 Mutter-Kind-Paaren und mit der Kontrolle für zusätzliche Confounder (z.B. psychische Erkrankung des Vaters, kognitive Probleme und Verhaltensprobleme im Kindesalter bei beiden Elternteilen, Stillen des Kindes bis zum Alter von sechs Mo- naten) wurden ähnliche, jedoch etwas schwächere Zusammenhänge für die prä- und/oder postnatale Exposition beobachtet. In der dritten Publikation aus der dänischen DNBC-Studie (Sudan et al. 2016) mit mehr als 47.000 Mutter-Kind-Paaren wurden ebenfalls Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern gefunden, die pränatal und/oder postnatal exponiert waren. Am stärksten war dieser Zusammenhang bei elfjähri- gen Kindern mit prä- und postnataler Exposition, die keine Auffälligkeiten im Alter von sieben Jahren gezeigt hatten. Insgesamt deuten die Ergebnisse der drei Publikationen aus der DNBC-Kohorte auf einen möglichen Zu- sammenhang zwischen prä- und postnataler Exposition bei Mobiltelefonen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kin- dern hin. Die Aussagekraft dieser Studien ist durch die retrospektive Abschätzung der Mobiltelefonnutzung der Mutter während der Schwangerschaft, die erst sieben Jahre später mithilfe eines Fragebogens erfolgte, allerdings eingeschränkt. Die Studienqualität wurde deswegen als moderat bewertet.
In der ersten Publikation aus der niederländischen ABCD-Kohorte (Guxens et al. 2013) mit mehr als 2.600 Mutter-Kind-Paaren wurde der Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobil- und Schnurlostelefonen der Mutter während der Schwangerschaft (pränatal) und Verhaltensauffälligkeiten bei ihrem 5-jährigen Kind unter- sucht. In der zweiten Publikation (Guxens et al. 2019) wurde bei mehr als 3.100 Mutter-Kind-Paaren zusätzlich die Mobiltelefonnutzung des 5-jährigen Kindes (postnatal) sowie die häusliche Exposition bei Mobilfunkbasis- stationen untersucht. Die Autoren schlussfolgerten in beiden Studien, dass keine Hinweise auf einen Zusammen- hang zwischen der Mobil- und Schnurlostelefonnutzung und Verhaltensauffälligkeiten gefunden wurden. Die bei- den Studien sind aufgrund der unterschiedlichen Methoden zur Expositionsbestimmung von moderater (Guxens et al. 2013) bzw. hoher Studienqualität (Guxens et al. 2019).
   Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.




























































































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