Page 132 - Auswirkungen-HF-EMF-auf-die-Gesundheit
P. 132

Drucksache 20/5646
– 132 –
Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode
 Die Autoren kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass es eingeschränkte Hinweise auf eine Veränderung der kogni- tiven Fähigkeiten gab, die jedoch aufgrund der geringen Anzahl an wöchentlichen Mobil- und Schnurlostelefon- anrufen mit Vorsicht zu interpretieren seien. Die Studienqualität beider Publikationen wurde aufgrund der Expo- sitionsbestimmung mithilfe eines Fragebogens als moderat bewertet.
In der ersten Publikation aus der Schweizer HERMES-Studie untersuchten Schoeni et al. (2015) bei 425 Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren das visuelle und verbale Gedächtnis in Zusammenhang mit der Ex- position bei Mobil- und Schnurlostelefonen mit einer umfangreichen Expositionsbestimmung durch Fragebogen, Betreiberdaten, Messungen und Berechnungen. Es wurden einige signifikante Ergebnisse für eine verminderte visuelle Gedächtnisleistung im Zusammenhang mit der kumulativen Ganzkörper- und Gehirndosis beobachtet. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Ergebnisse auf eine Wirkung der HF-EMF-Exposition auf die Gedächt- nisleistung hinweisen könnten. In der späteren Publikation aus der HERMES-Studie erweiterten Foerster et al. (2018) die Studienpopulation auf insgesamt 843 Jugendliche. Auch hier wurden einige statistisch signifikante Ergebnisse für eine verminderte visuelle Gedächtnisleistung im Zusammenhang mit der HF-EMF-Exposition be- obachtet. Dabei war die Wirkung in der Gruppe der Rechtshänder, die das Mobiltelefon vermehrt auf der Kopf- seite einsetzten, in der das visuelle Gedächtnis überwiegend verortet ist, stärker ausgeprägt. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass es Hinweise gibt, dass eine HF-EMF-Exposition bestimmte Gehirnfunktionen, wie das vi- suelle Gedächtnis, beeinflussen könnte. Dies sei jedoch laut Autoren mit Vorsicht zu interpretieren und in anderen Studienpopulationen zu überprüfen. In einer weiteren Publikation aus der HERMES-Studie testeten Roser et al. (2016) das Konzentrationsvermögen von 425 Jugendlichen sowie auch das Verhalten. Sie fanden in der Quer- schnittsanalyse nur wenige und in der Längsschnittanalyse keine statistisch signifikanten Ergebnisse und schluss- folgerten, dass es keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der HF-EMF-Exposition und dem Kon- zentrationsvermögen bei den Jugendlichen gab. Alle drei Publikationen hatten eine hohe Studienqualität.
Lee et al. (2001) untersuchten bei 72 chinesischen Jugendlichen (16 bis 17 Jahre alt) den Zusammenhang zwischen Mobiltelefonnutzung und Aufmerksamkeit. In einem der drei verwendeten Tests wurde eine verbesserte Aufmerksamkeit bei den Nutzern von Mobiltelefonen beobachtet. Die Autoren schlussfolgerten, dass die HF- EMF-Exposition bei Mobiltelefonen eine geringfügig verbessernde Wirkung auf die Aufmerksamkeit haben könnte. Die Studienqualität wurde u. a. aufgrund mangelnder Berücksichtigung von Confoundern und eines un- klaren Auswahlverfahrens der Jugendlichen als gering bewertet.
Guxens et al. (2016) untersuchten bei 2.354 Kindern aus der niederländischen ABCD-Kohorte den Zusam- menhang zwischen der häuslichen Exposition (Basisstationen für Mobilfunk- und Schnurlostelefon, WiFi) sowie der Nutzung von Mobil- und Schnurlostelefon von fünf- bis sechsjährigen Kindern und ihren kognitiven Fähig- keiten. Bei unterschiedlichen Expositionsszenarien wurden sowohl verbesserte als auch verschlechterte kognitive Leistungen beobachtet, jedoch ohne eindeutige Richtung. Die Autoren schlussfolgerten aus dieser Studie mit ho- her Studienqualität, dass es keine konsistenten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der häuslichen Ex- position sowie der Mobil- und Schnurlostelefonnutzung der Kinder und ihren kognitiven Fähigkeiten gab.
Gesamteinschätzung
 In den Publikationen von geringer (n = 1) bis hoher (n = 4) Qualität fanden sich keine konsistenten Hinweise für die Wirkung einer Mobilfunkexposition auf die kognitiven Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Es wurden sowohl Verschlechterungen (Bhatt et al. 2017; Foerster et al. 2018; Thomas et al. 2010a) als auch Verbesserungen (Bhatt et al. 2017; Guxens et al. 2016; Thomas et al. 2010a) bei den verschiedenen untersuch- ten Parametern gefunden. Einige Autoren ordneten die signifikanten Ergebnisse eher dem Studiendesign oder dem Zufall zu, sodass die Studien nur als eingeschränkt aussagekräftig anzusehen seien. Als ein Beispiel eines möglichen, jedoch nicht berücksichtigten Confounders diskutierten Foerster et al. (2018) die Pubertät, die sich sowohl auf die Gewohnheiten der Mobiltelefonnutzung als auch auf die kognitiven Fähigkeiten und das Ver- halten der Jugendlichen auswirken könnte. Von Relevanz ist jedoch, dass in zwei Studien von hoher Qualität (Foerster et al. 2018; Schoeni et al. 2015) konsistente Hinweise für eine verminderte visuelle Gedächtnisleis- tung in Zusammenhang mit der HF-EMF-Exposition gefunden wurden.
Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.

























































































   130   131   132   133   134