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Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 119 – Drucksache 20/5646 chronische Effekte geht, etwa Verhaltensauffälligkeiten, die durch vorgeburtliche Exposition erklärt werden. Bei
der Interpretation solcher Studien ist äußerste Zurückhaltung geboten.
Wirkmechanismen
Befunde aus Zellstudien zu möglichen Einflüssen von HF-EMF auf Genschädigung, Genexpression, Pro- duktion von Sauerstoffradikalen oder allgemeine Zellfunktionen sind uneindeutig. Das hängt u. a. damit zusam- men, dass die zu untersuchenden Effekte meist sehr klein sind. Es ist nicht auszuschließen, dass die Heterogenität der Befunde mit einer Sensitivität von (nur bestimmten) Zellen für bestimmte Signale zusammenhängt. Möglich- erweise sind die Effekte auch von bestimmten Zellzuständen abhängig.
Nicht mit höchsten Qualitätsstandards durchgeführte Experimente sind problematisch, da sie Effekte mas- kieren oder generieren können. Eine Meta-Analyse publizierter Zellstudien hat gezeigt, dass in Studien höherer Qualität deutlich seltener Effekte nachgewiesen wurden als in solchen minderer Qualität (Vijayalaxmi und Prihoda 2012, 2019). Klarere Hinweise gibt es aus Tierversuchen hinsichtlich der Produktion von Sauerstoffradi- kalen unter EMF-Exposition. Interpretationen bezüglich der gesundheitlichen Relevanz sind nicht einheitlich. Gesundheitliche Auswirkungen können beispielsweise durch natürliche Zellreparaturmechanismen kompensiert oder maskiert werden.
Adaptive Response
Neue Studien zeigen eine veränderte Zellantwort auf Auswirkungen von ionisierender Strahlung bzw. Chemika- lien bei vorheriger EMF-Exposition. Alle publizierten Studienresultate weisen in dieselbe Richtung, sodass sich hier gezielte Arbeiten über mögliche Wirkmechanismen lohnen könnten.
Wichtige Fortschritte bei Dosimetrie und Exposimetrie in Untersuchungen
In den letzten Jahren wurden systematische Messkampagnen zur Erfassung der durchschnittlichen Exposition in mehreren Städten und Regionen weltweit durchgeführt. Die Methoden und Geräte dazu wurden weiterentwickelt und erlauben inzwischen eine recht verlässliche Expositionsbestimmungen und gute Abschätzungen der verblei- benden Messunsicherheit. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die durchschnittlichen Emissionswerte von Basisstationen des Mobilfunks (Antennen-Infrastruktur) größenordnungsmäßig 1.000 bis 10.000-fach unterhalb der Grenzwerte liegen. Die gemessenen Höchstwerte liegen immer noch um einen Faktor 10 unterhalb der Grenz- werte. Im Allgemeinen ist die Immission durch Basisstationen im Außenbereich niedriger als die Pegel, die übli- cherweise in Innenräumen gemessen werden. Bei Letzteren dominieren meist die eigenen Quellen (Signale von DECT-Telefonen und -Stationen, WLAN Access Points, Peripheriegeräte, etc.; Kap. 2). Die gemessenen Werte von WLAN und anderen Drahtlostechnologien in Innenräumen bleiben aber selbst unter sehr ungünstigen Expo- sitionsannahmen ebenfalls deutlich unterhalb der Grenzwerte (Kap. 2.2).
In epidemiologischen Studien wurden verbesserte Modelle für die persönliche Exposition verwendet und der Anteil von Missklassifikationen konnte so reduziert werden. Die verbesserte Klassifikation der Exposition hat in vielen Fällen zur Klärung der zum Teil widersprüchlichen Datenlage beigetragen.
Für die numerische Charakterisierung von Expositionsszenarien und Expositionseinrichtungen wurden de- tailliertere und verbesserte anatomische Modelle von verschiedenen Menschen erstellt. Diese erlauben auch un- terschiedliche Körperhaltungen von Personen im Alltag zu modellieren und ermögliche so eine bessere Abschät- zung der im Alltag entstehenden Variation der Exposition. Im Weiteren wurden systematische Untersuchungen zur altersabhängigen Veränderung der dielektrischen Materialeigenschaften von biologischen Geweben durchge- führt. Diese ergaben keinen wesentlichen Einfluss auf die berechnete Absorption.
In vielen experimentellen Studien mit Zellen und Labortieren werden inzwischen bezüglich der Absorption gut charakterisierte Expositionseinrichtungen verwendet, die auch ausreichend durch experimentelle Messmetho- den validiert sind.
Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.