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Drucksache 20/5646
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Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode
Neuere Erkenntnisse aus Tierstudien weisen auf die Möglichkeit von Effekten durch EMF-Exposition hin. Dabei handelt es sich um die drei Themen Krebspromotion bei Labornagern (T1), Fertilität (T6) und Entwicklung (T7), für die jeweils (allerdings inadäquate) Nachweise gefunden wurden. Noch stärker ist die Evidenz dafür, dass HF-Exposition das Verhalten von Labortieren beeinflussen dürfte (T21, limitierter Nachweis).
Bei den Humanstudien wurden bei 5 Endpunkten Hinweise auf eine Wirkung von HF-EMF erwogen. Sie betreffen eine mögliche Beeinflussung des Schlafs (B12, Ga12), wobei die Nachweise insgesamt noch inadäquat sind. Bei Kindern hingegen konnte ein limitierter Nachweis hinsichtlich Einschränkungen der Schlafqualität ge- führt werden (Ga13). Allerdings wurden diese Einschränkungen der Schlafqualität von den Autoren der Studie nicht auf die EMF-Exposition zurückgeführt, sondern durch den Mobiltelefongebrauch während der Abend- und Nachtstunden (Huss et al. 2015).
Ebenso unsicher sind aufgrund der neueren Erkenntnisse Aussagen aus Humanstudien zur Fertilität (Gc6) und zu möglichen Effekten bei Kindern und Jugendlichen allgemein (Gc29).
Die Hinweise, dass das EEG durch Mobilfunkexposition beeinflusst wird, haben sich verdichtet (B9). Neuere Studien haben diesen biologischen oder physiologischen (nicht: gesundheitlichen) Effekt mehrfach (wenn auch nicht inter- und intraindividuell konsistent) nachgewiesen (Danker-Hopfe et al. 2019b). Welche Relevanz dieser Befund in Bezug auf mögliche gesundheitliche Auswirkungen aufweist, ist jedoch unklar (Ga9).
Ähnlich verhält es sich beim Einfluss von EMF auf kognitive Funktionen (B10), der limitiert nachgewiesen wurde. Gesundheitliche Auswirkungen konnten jedoch keine identifiziert werden (Ga10).
Bei drei Endpunkten, für die im DMF die Existenz von Effekten der EMF-Exposition als hinreichend nach- gewiesen beurteilt wurden, haben sich die Indizien abgeschwächt: bei der Thematik der Beeinflussung von Zell- funktionen und Zellmembranen in Laborexperimenten mit Zellkulturen (Z27) kann unter Einschluss der neueren Forschungsergebnisse nur noch von einem inadäquaten Nachweis gesprochen werden. Bei der Beeinflussung des Metabolismus von Versuchstieren (T32) sowie der Elektrosensibilität als Nozeboeffekt (Ga15) ist der Nachweis immerhin noch als limitiert zu betrachten.
Zusätzliche Erkenntnisse und Hinweise auf Wirkungen von EMF
Von den Endpunkten, die nicht im DMF-Hauptprogramm untersucht wurden, werden im Folgenden 6 besonders interessante Befunde dargestellt:
(I) Unspezifische Symptome sind mit einiger Sicherheit nicht kausal durch EMF verursacht. Entsprechende biologische Wirkungen der Exposition im Organismus wurden nicht nachgewiesen (B14). Es ist naheliegend, dass konstatierte Symptome wesentlich auf dem Nozeboeffekt beruhen, also durch die Überzeugung von der Schädlichkeit der EMF-Exposition bewirkt werden. Dieser Effekt wurde in mehreren Studien beschrieben (Ga15). Zugleich ist jedoch nicht auszuschließen, dass Menschen tatsächlich sensibel auf HF-EMF reagieren können.
(II) Zell- und Tierstudien weisen auf eine Abwesenheit von Effekten auf das blutbildende bzw. kardiovasku- läre System hin (Z8, T8). Humanstudien sind schwieriger zu interpretieren. Aufgrund der (wenigen) verfügbaren Daten kann keine seriöse bzw. abschließende Aussage zu diesem Endpunkt gemacht werden (B8, Ga8, Gc8).
(III) Aus Tierstudien gibt es eine Reihe von ernstzunehmenden Hinweisen, dass HF-EMF das Tumorrisiko bei ausgewählten Tumoren (Herz, Lunge, Leber, Lymphe) erhöhen (T4). Diese Befundlage wird aktuell in der Fachwelt und von Bewertungsgremien in vielen Ländern intensiv diskutiert, da kürzlich die Ergebnisse zweier großer, qualitativ hochwertiger Studien vorgelegt wurden. Da sich an diesem Thema viele Charakteristika der Bewertungs- und Grenzwertdebatten anschaulich aufzeigen lassen, wird dies ausführlich in Kapitel 3 des vorlie- genden Berichts erörtert.
(IV) Ebenfalls bei Tierstudien sind limitierte Hinweise gefunden worden, dass EMF einen Einfluss auf neu- rodegenerative Erkrankungen haben könnten (T5).
(V) Möglicherweise spielt dabei eine unter EMF-Exposition höhere Anzahl Sauerstoffradikale in Zellen eine Rolle. Der Nachweis dieses Effekts in Zellstudien ist zwar noch nicht überzeugend (Z25), aber neuere Tierstudien stützen mit limitierter Evidenz diesen Befund (T25).
(VI) Mehrfache neuere Hinweise gibt es auch auf Effekte von HF-EMF bei Ko-Exposition. Konkret: wenn Versuchstiere HF-EMF ausgesetzt werden und im Anschluss daran schädlicher ionisierender Strahlung (z.B. Röntgenstrahlung), dann beobachtet man eine bessere Anpassung der Tiere an die ionisierende Strahlendosis (T35). Dieser Zusammenhang wird Adaptive Response genannt. Diese Befunde weisen darauf hin, dass HF-EMF
Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.