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Drucksache 20/5646
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Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode
 aus physikalischen Gründen nicht erreichen. Eine Vielzahl der Funkgeräte, die in Haushalten verwendet werden, wie WLAN, Bluetooth, DECT und Smarthomesender, liegen mit ihren typischen Sendeleistungen unterhalb des Wertes von 20 mW. Solche Geräte können daher, selbst bei direktem Kontakt mit Personen, nicht zu einer Grenz- wertüberschreitung führen.
Darüber hinaus nehmen Leistungsflussdichten – also die Energie, die pro Zeiteinheit eine Fläche senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Strahlung durchströmt – mit der Entfernung von der Quelle sehr schnell ab (Ab- nahme proportional zum Quadrat der Entfernung). Dadurch treten die höchsten Expositionen durch solche Sen- deeinrichtungen auf, die unmittelbar an den Körper gehalten werden (z.B. Mobiltelefon, Laptop, Tablet) bzw. denen die exponierte Person sich sehr stark nähert (z. B. Induktionsherd, Fahrersitz beim induktiven Fahrzeugla- den). Ferne Quellen (z.B. Basisstationen von GSM, UMTS, LTE und WiMAX) führen demgegenüber zu sehr viel niedrigeren Expositionen, auch wenn sie eine deutlich höhere Leistung aufweisen.
Die Ergebnisse der Untersuchung ausgewählter Expositionsszenarien stellen sich wie folgt dar: Grenzwerte der Leistungsflussdichte werden in den Expositionsszenarien zu maximal 2,4% (ungünstige Annahmen) bzw. 10,6% (Worst Case) ausgeschöpft. Verantwortlich sind dafür die Expositionen durch Basisstationen vor allem von GSM und WiMAX im Expositionsszenario »öffentlicher Raum mit Datenübertragung und Mobilfunk«, wäh- rend Expositionen durch digitalen Hörfunk und digitales Fernsehen von untergeordneter Bedeutung sind.
Im Expositionsszenario »häuslicher Küchenbereich« wird der Grenzwert der magnetischen Flussdichte, wel- che die Induktionswirkung des magnetischen Feldes beschreibt, durch die Nutzung eines Induktionsherds zu etwa 30% ausgeschöpft. Ein im Worst Case eingeschalteter Mikrowellenherd mit Leckstrahlung führt zusätzlich zu einer Grenzwertausschöpfung der Ganzkörper-SAR von 7 %.
Die höchste Ausschöpfung von Grenzwerten ergab sich für die Kopf/Rumpf-SAR, wenn die Nutzung eines Mobiltelefons oder Tablets mit relativ ungünstigen Strahlungseigenschaften angenommen wird (Ausschöpfung bis 64 %). Die höchsten individuellen Expositionen resultieren aus der Nutzung solcher Endgeräte, die ungünstige Strahlungseigenschaften besitzen. Auch andere Untersuchungen kommen zum Ergebnis, dass ein Endgerät am Kopf stets die Immission dominiert.
Hinsichtlich einer Exposition mit HF-EMF im öffentlichen Raum durch induktives Laden von Elektrofahr- zeugen lässt sich auf dem derzeitigen Kenntnisstand noch keine Abschätzung machen. Sicher ist aber, dass das induktive Laden von Elektrofahrzeugen mit relativ hohen HF-EMF-Expositionen verbunden sein kann. Dieser Problematik sollte bei der weiteren technischen Entwicklung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Grenzwerte und Risikogovernance für elektromagnetische Felder
Die Grundlage für die Festsetzung von Grenzwerten sind die wissenschaftlich nachgewiesenen gesundheitlichen Risiken. Da ein klarer wissenschaftlicher Nachweis für gesundheitliche Effekte von HF-EMF bislang nur für thermische Wirkungen geführt werden konnte, zielen die Grenzwerte darauf ab, gesundheitsrelevante Wärmebe- lastungen des Körpers durch HF-EMF zu verhindern. Bezüglich möglicher nichtthermischer Wirkungen mit ge- sundheitlichen Auswirkungen existiert eine Vielzahl von Studien unterschiedlicher Qualität mit teils widersprüch- lichen bzw. inkonsistenten Resultaten. Ob und ggf. wie diese Evidenzen bei der Festsetzung von Grenzwerten für HF-EMF zu berücksichtigen sind, wird in Fachkreisen und in der breiten Öffentlichkeit zum Teil sehr kontrovers diskutiert. Im konventionellen Ansatz, der von den zuständigen Behörden verfolgt wird, werden sie bei der Set- zung von Grenzwerten nicht berücksichtigt, sondern führen zur Empfehlung von Vorsorgemaßnahmen.
Die in Deutschland gültigen Grenzwerte gehen auf Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) zurück. Diese Empfehlungen nehmen international eine her- ausgehobene Stellung ein. So stützen sich auch die Richtlinien und Empfehlungen der EU und die Grenzwerte vieler weiterer Länder auf sie. Die ICNIRP-Empfehlungen zur Begrenzung der Exposition durch HF-EMF zielen darauf ab, sicherzustellen, dass die Temperaturerhöhung im Körpergewebe den Wert von 1° Celsius nicht über- schreitet. Für den Fall der gleichzeitigen Exposition durch Felder unterschiedlicher Frequenzen hat die ICNIRP eine Reihe von Rechenvorschriften entwickelt, wie die verschiedenen Wirkungen dieser Exposition zu summieren sind, und hat zur Begrenzung der Gesamtexposition bestimmte Bedingungen empfohlen.
Im März 2020 hat die ICNIRP ein Update ihrer HF-EMF-Richtlinien für den Frequenzbereich von 100 kHz bis 300 GHz publiziert. Es ersetzt die bisher gültigen Richtlinien von 1998 und 2010, soweit sie sich auf diesen Frequenzbereich beziehen. Das Update bezieht Fortschritte der wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre
 Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.





















































































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